F R E I M A N N
Verein für Gleichberechtigung der Geschlechter
und Mitbestimmung in der Arbeitswelt

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Das Kreuz mit der "Beratung"

 

Zahlreich - manche sagen zahllos - sind Stellen für Frauen, die sich derer Probleme annehmen und sie beraten wollen. Trotzdem führt kaum eine die Bezeichnung "Frauenberatung". Warum wohl?

In der Literatur wird manchmal zwischen "Psychotherapie" und "Beratung" u.a. dadurch unterschieden, daß bei ersterer ein Machtgefälle mit Gefahr der Abhängigkeit besteht, bei "Beratung" jedoch ein emanzipiertes Gegenüber. Diese Ansicht, Berater und Beratener würden sich auf einer Ebene befinden, wird von der Soziologin Marianne Gronemeyer nicht geteilt:
"Alle Tätigkeiten, die mit der Vorsilbe "Be-" beginnen, Beraten,…,sind solche, die den anderen zu einem Objekt machen…Der andere wird angeklagt, nicht so zu sein, wie er sein soll. Und wenn ich dich berate, will ich dich anders haben, als du bist. Während…wenn ich dir rate,…wenn ich dir das Geschenk meiner Aufmerksamkeit mache, dann entsteht etwas, was auf der Ebene der Ebenbürtigkeit verbleibt und nicht eine Ummodelung des anderen, der von einem unerwünschten Zustand A in einen erwünschten Zustand B überführt werden muß, zur Voraussetzung hat.

Sobald du jemand bist, der beraten, besorgt, erzogen, betreut werden will, in dem Augenblick bist du ein Objekt und wirst überschüttet mit den Segnungen, die ich zu geben habe und du hast nichts dagegen zu setzen…" (Österreich-1-Radiokolleg 12. Dezember 2007)

   

Wenn eine Stelle, egal ob für Frauen oder für Männer, den Begriff "Beratung" in ihrem Namen führt, entsteht dadurch eine erhöhte Hemmschwelle für Kontaktsuchende. Gerade Männer tun sich schwer, zuzugeben, Beratung und Hilfe zu brauchen. Wenn sich eine Stelle beispielsweise "Männerberatung" (www.maennerberatung.at) nennt, errichtet sie damit gewollt oder ungewollt eine psychologische Barriere. Andererseits wenn sie die Zielgruppe/-person tatsächlich als Objekt einstuft, ist es ein Ausdruck von Ehrlichkeit, das Objekt gewissermaßen "vorzuwarnen".

Viktor Pölzl